USA: Wachsendes Interesse an deutscher Expertise
Die Einführung dualer Ausbildungselemente nimmt in den USA an Fahrt auf. Die Regierung möchte das Modell stärken und ausweiten. So steht das Thema verstärkt im Fokus von Politik und Öffentlichkeit. Eine Entwicklung, die in der bilateralen Zusammenarbeit mit den USA spürbar ist.
Im Juni 2017 richtete Präsident Trump eine Task Force zur Ausweitung dualer Ausbildung ein. Zurzeit bestehen in den USA rund 600.000 duale Ausbildungsverhältnisse, sogenannte „Registered Apprenticeships“, vor allem im Bausektor. Diese sollen in weiteren Branchen etabliert und allein in diesem Jahr auf eine Million erhöht werden. Im Juli 2019 wurde hierfür vom Arbeitsministerium ein Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Einführung des sogenannten „Industry-Recognized Apprenticeship Programs (IRAP)“ als Erweiterung bestehender Programme vorsieht. Der Entwurf wird zurzeit diskutiert und soll im April in Kraft treten.
Wenn es darum geht, die duale berufliche Ausbildung im eigenen Land zu stärken, setzen die USA auch auf deutsche Expertise. GOVET und das BIBB verzeichnen einen erhöhten Beratungsbedarf von US-Seite. Prof. Dr. Hubert Ertl, Vizepräsident des BIBB, und Dr. Silvia Annen aus der Ordnungsabteilung erhielten 2019 Einladungen nach Washington und Boston. GOVET beriet allein in der zweiten Jahreshälfte acht Delegationen. Teilnehmer waren neben bildungspolitischen Entscheidungsträgern auch Vertreter aus der Wirtschaft sowie der Bildungspraxis etwa mit Netzwerken von Community Colleges – duale Ausbildung ist ein Thema, das viele Schaltstellen betrifft.
Entsprechend komplex waren auch die Frage- und Problemstellungen, die die Delegationen mitbrachten. So stellt sich in den USA die Frage nach den offiziellen Zuständigkeiten - wie kann duale Ausbildung gesteuert werden? Ein wichtiges Thema sind jeweils firmenspezifische Ausbildungsgänge, die sich nur schwer miteinander vergleichen lassen. Dabei ging es um die Frage, wie dem durch die Festlegung von Ausbildungsinhalten und Standards begegnet werden kann. Vertreter öffentlicher Bildungseinrichtungen, so Dr. Hannelore Kress, bei GOVET für die USA zuständig, interessierten sich vor allem dafür, wie man die Wirtschaft zur Mitwirkung an der Ausbildung bewegen könnte: „Dabei standen dann natürlich sofort Fragen nach der Finanzierung der Ausbildung und den Kosten und Nutzen für die Betriebe zur Debatte. Für eine gute Analyse und Beratung werden wir uns die aktuelle Rekrutierungspraxis in den USA anschauen.“
Auch nach diesen Besuchen ist das US-Interesse ungebrochen, zumal die Bundesstaaten das Thema ebenfalls aufgreifen. Anfang Februar organisiert GOVET in Kooperation mit dem DGB eine Studienreise von Bildungspolitikern und Gewerkschaftern unter Leitung des Arbeitsministers aus Wisconsin. Dr. Silvia Annen wird zeitgleich im kalifornischen Parlament erneut Auskunft geben. GOVET wird Ende Februar eine Delegation des BMBF nach Washington begleiten und u. a. Gespräche mit Akteuren in Chicago zum Thema Best Practices führen.
GOVET begleitet fachlich die seit 2012 laufende bilaterale Kooperation des BMBF in der Berufsbildung mit den Vereinigten Staaten. Diese basiert auf einer Gemeinsamen Absichtserklärung zwischen dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) sowie dem US-Department of Labor (DoL), dem US-Department of Commerce (DoC) und dem US-Department of Education (DoE) zur Vertiefung der Berufsbildungskooperation, die zuletzt 2015 verlängert wurde.