COVID-19 Pandemie – Stresstest für Ausbildungssysteme der Partnerländer
COVID-19 stellt die Berufsbildungssysteme in allen Ländern vor gravierende Herausforderungen. GOVET untersucht seit April 2020 in ausgewählten Ländern die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Berufsbildung und den Arbeitsmarkt sowie die ergriffenen Maßnahmen zur Stabilisierung der Systeme.
Im Frühjahr 2020 gingen viele Länder in einen harten Lock-Down. Lieferketten, Infrastrukturen, gesamte Branchen – wie die Kultur- und Veranstaltungsindustrie und gerade auch die Ausbildungssysteme – waren beziehungsweise sind unmittelbar davon betroffen. Das Virus und seine Varianten bestimmen die globalen Volkswirtschaften, die versuchen mit unterschiedlichen Strategien und Maßnahmen in einen geregelten Alltag zurückzukehren. Die Auswirkungen auf den Ausbildungsmarkt sind bereits jetzt gravierend; nicht nur für die um Existenz kämpfenden Unternehmen, sondern gerade auch für die Jugendlichen. Diese Erkenntnisse dokumentiert GOVET seit anderthalb Jahren in Berichten zur Situation in den Partnerländern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Status Quo und Entwicklung in Costa Rica, Ghana, Israel, Russland und Südafrika werden in einzelnen Analysen beleuchtet. Die wichtigsten Informationsquellen sind die Ministerien und ihre nachgeordneten Organisationen vor Ort, deutsche diplomatische Vertretungen und Auslandshandelskammern, Institute und Stiftungen in den Ländern sowie die örtliche Presselandschaft.
Einige der untersuchten Länder verzeichneten in den letzten Wochen Anstiege der Infektionszahlen. Costa Rica leitete erneut Maßnahmen zu Kontaktbeschränkungen ein und schloss die Schulen bis Mitte Juli, ohne alternativ Distanzunterricht anzubieten. Dies ist eine deutliche Abkehr von den bisherigen Konzepten des digitalen Unterrichts, der rückwirkend betrachtet eine beträchtliche Anzahl an Schüler*innen nicht erreicht hat. Ebenso wurden die Maßnahmen in Südafrika wieder verschärft. Neben den vielfältigen sozialen Auswirkungen hat das Land gerade auch mit negativen Auswirkungen der Pandemie auf die Berufsbildung zu kämpfen: Finanzierungsprobleme im Berufsbildungssystem werden drängender, da alle Unternehmen 2020 zeitweise von der verpflichtenden Ausbildungsabgabe befreit waren, neue Lehrpläne werden mit Verzögerung eingeführt und Lernende im Ausbildungssektor hatten vier Mal häufiger keinen Zugang zu Internet während des Distanzunterrichts. Auch in Israel sind die ersten, schwerwiegenden Auswirkungen von Lock-Downs und Ausbildung auf Distanz sichtbar geworden: Insbesondere benachteiligte Jugendliche wurden noch stärker von den Lernprozessen abgehängt und die psychosozialen Auswirkungen sind drastisch. Derzeit hat die Regierung die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus wieder leicht verschärft, um eine Ausbreitung der Delta-Variante zu verhindern.
In anderen Ländern wie Ghana ist eine Entspannung der aktuellen Situation zu verzeichnen. Nachdem Berufsschulen für mehr als ein halbes Jahr geschlossen waren und es auch kein Distanzangebot gab (ausgenommen die Prüfungsjahrgänge), konnten zu Beginn des Jahres alle Schüler*innen zurückkehren. Die lange Pause hat jedoch Spuren hinterlassen und nun gilt es, die entstandenen Lernlücken in den Bildungsbiografien aufzuholen. In Russland wurde eine Vielzahl von digitalen Aus- und Weiterbildungsangeboten entwickelt, insbesondere für Berufstätige und Auszubildende, die in Kurzschulungen zusätzliche Qualifikationen erlangen konnten.
Für die Zukunft ergeben sich aus der noch andauernden Problemlage mittel- und langfristige (Kooperations-)Aufgaben für die internationale Berufsbildungszusammenarbeit. Im aktiven Austausch mit den Partnern werden erfolgreiche nationale Ansätze ausgetauscht und auf ihr Adaptionspotenzial für andere Länder diskutiert. Die GOVET-Länder-Umfrage unterstützt, Formate, Instrumente und Angebote zu identifizieren, indem wichtige Dialog-Themen und Bedarfe erfasst und zusammengeführt werden.
Aufbauend auf den regelmäßigen COVID-19 Untersuchungen hat GOVET im Auftrag des BMBF Anfang 2021 bilaterale Workshops mit den Partnerländern durchgeführt, in denen Erfahrungen und Best Practices ausgetauscht wurden.