Deutsche Auslandsschulen und Berufsbildung
17.02.2022
Es gibt 136 anerkannte Deutsche Auslandsschulen, ein Ausbau dieses Netzwerks ist im Koalitionsvertrag beabsichtigt. Aber wie steht es um Berufsbildung an diesen Schulen in Zeiten des Fachkräftemangels? Welchen Beitrag können sie zur Berufsbildungskooperation und Zuwanderung von Fachkräften leisten?
Die Bundesrepublik Deutschland fördert weltweit die Deutschen Auslandsschulen mit dem Ziel, kulturelle Grenzen zu überwinden, die Deutschkenntnisse in anderen Ländern zu stärken und mit Deutschland verbundene Bildungsbiographien zu begründen. Sie sind ein wichtiger Teil der deutschen auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Neben den 136 anerkannten Deutschen Auslandsschulen werden auch rund 1.100 nationale Schulen gefördert, die zum Deutschen Sprachdiplom führen oder ein ausgeprägtes deutsches Unterrichts- und Abschlussprofil haben. Sie alle gehören zum Netzwerk der Initiative "Schulen: Partner der Zukunft" (PASCH-Initiative) des Auswärtigen Amts, die durch die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen, das Goethe Institut, den Deutschen Akademischen Austauschdienst und die Kultusministerkonferenz umgesetzt wird. Der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition sieht nun einen weiteren Ausbau des Auslandsschulnetzes und des PASCH-Netzwerks durch einen Masterplan und einen Schulentwicklungsfond vor.
An allen Deutschen Auslandsschulen werden die Schülerinnen und Schüler durch eine gezielte Studien- und Berufsberatung bei der Berufsorientierung unterstützt. 15 der Schulen bieten bereits berufliche Bildungsgänge an. Das Spektrum reicht von der schulischen Berufsbildung bis zur dualen Ausbildung in Kooperation mit der Wirtschaft. Dazu gehören acht duale Berufsbildungszentren, zwei eigenständige Berufsschulen sowie vier Fachoberschulen, in denen die praktischen Ausbildungsanteile durch umfangreiche Praktika integriert werden und die zur Fachhochschulreife führen. An den PASCH-Schulen kommt das Thema Berufsbildung insbesondere in den Maßnahmen der Berufsorientierung zum Tragen.
Deutsche Auslandsschulen im Kontext der iBBZ
Im Januar 2022 wurde der Austausch zwischen GOVET und dem Weltverband Deutscher Auslandsschulen (WDA) zur Rolle der Deutschen Auslandsschulen für die internationale Berufsbildungszusammenarbeit fortgesetzt. Zu den Möglichkeiten des Ausbaus der beruflichen Bildung an den Deutschen Auslandsschulen und der Erweiterung der angebotenen Ausbildungszweige erklärte WDA-Geschäftsführer Thilo Klingebiel, dass eine verstärkte Ausrichtung auf Berufsbildungsprogramme oder der Aufbau beruflicher Zweige in den Schulen stets nur in Absprache mit den gemeinnützigen Trägern und Eltern umgesetzt werden kann. Denn die Auslandsschulen müssen aufgrund ihrer Finanzierung markt- bzw. kundenorientiert planen und handeln. Knapp ein Drittel der Mittel stellt der Bund, den weitaus größten Teil generieren die gemeinnützigen Schulträger eigenständig, überwiegend durch Schulgeld. Das Stichwort heißt: Steigerung der Attraktivität von Berufsbildung. Um dies zu erreichen, müssen die Schulen gut informiert sein und vor allem Netzwerke mit der Wirtschaft aufbauen ̶ zur Unterstützung einer praxisorientierten Ausbildung und der späteren Berufsperspektiven. Auch das Angebot von Praktika in Deutschland wäre ein gutes Mittel, um Schülerinnen und Schüler der Auslandsschulen für eine Berufsausbildung zu gewinnen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz eröffnet neue Perspektiven für eine Beschäftigung oder Ausbildung in Deutschland, was ebenfalls an den Auslandsschulen das Interesse an einer beruflichen Orientierung steigern könnte.
Als Dachverband vertritt der Weltverband Deutscher Auslandsschulen die gemeinsamen Interessen der privaten Schulträger gegenüber der Politik und den fördernden Stellen, unterstützt bei ihren Aufgaben und berät sie in allen politischen, organisatorischen und administrativen Fragen. Dabei steht der WDA für 114 der anerkannten Deutschen Auslandsschulen. Um Wege in die Berufsbildung zu bahnen, engagiert sich der WDA beratend und durch die Vermittlung von Best-Practice-Beispielen. Für Information und Beratung zu den verschiedenen Aspekten der Berufsbildung stehen dem WDA die von GOVET entwickelten Produkte zur freien Verfügung.
Ein starkes Netzwerk für die Berufsbildung
Auch die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA), die im Auftrag des Bundes die anteilige Finanzierung der Deutschen Auslandsschulen abwickelt und unter Mitwirkung der Bundesländer die Schulaufsicht über sie hat, unterstützt die Berufsbildung an den Auslandsschulen. Dabei kommt der Berufsberatung besondere Bedeutung zu. Es ist ihre Aufgabe, die Deutschen Auslandsschulen in personeller sowie pädagogischer Hinsicht zu fördern und ihre qualitätsorientierte Schulentwicklung zu begleiten. In diesem Zusammenhang fand Ende letzten Jahres eine ZfA-Fortbildungstagung für Studien- und Berufsberatende an den Deutschen Auslandsschulen statt. Bei der Tagung informierte GOVET gemeinsam mit der Stabsstelle PR und dem Bereich „Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen“ im BIBB über das System der deutschen dualen Berufsausbildung, den Wandel der Arbeit und der Berufe sowie Karrierewege. Dabei ging es auch darum, den Beraterinnen und Beratern gute Argumente für die Attraktivität einer Berufsausbildung an die Hand zu geben und ihnen die Möglichkeit des Austauschs zu bieten. Ergänzend zur Berufsberatung vernetzt die ZfA die Absolventinnen und Absolventen der Auslandsschulen durch regelmäßige Alumni-Treffen, so dass langfristige Netzwerke entstehen, auf die sich auch die deutsche Wirtschaft, Außenpolitik, Zivilgesellschaft und Kultur stützen können.
Das Goethe Institut ist in rund 600 der PASCH-Schulen aktiv. Neben der Vermittlung der deutschen Sprache und Kultur engagiert es sich dabei seit einigen Jahren verstärkt in der Fachkräftequalifizierung und -beratung für eine Zuwanderung nach Deutschland. In diesem Zusammenhang kam es kürzlich zu einem Austausch mit GOVET, iMOVE und dem Arbeitsbereich „Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen“ im BIBB zu der Frage, welche beruflichen Möglichkeiten die Deutschlernenden an den PASCH-Schulen nach Schulabschluss in Deutschland haben. Auch hier sind Praktika bzw. eine Weiterqualifizierung (sprachlich, fachlich) in Deutschland oder die Einwanderung in die Ausbildung im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes denkbare Wege.
GOVET
Als Zentralstelle der Bundesregierung für internationale Berufsbildungszusammenarbeit (iBBZ) bündelt GOVET das Wissen, die Expertise und Umsetzungskraft der Ressorts und weiterer Akteure der iBBZ, wie der Sozialpartner oder verschiedener Durchführungsorganisationen, am Runden Tisch für internationale Berufsbildungszusammenarbeit und stärkt ihren Austausch. Gleichzeitig unterstützt GOVET alle Akteure mit Beratung und einer Vielzahl von Informationen zur Berufsbildung in Deutschland und international sowie zu den aktuell zur Diskussion stehenden Themen. Dazu gehören zum Beispiel die Themen Berufsorientierung, Digitalisierung, Weiterbildung und Fachkräfteeinwanderung. In der bilateralen Beratung werden insbesondere die Kooperationsländer des BMBF fachlich dabei unterstützt, ihr Berufsbildungssystem zu stärken, duale Elemente zu etablieren oder auch die Attraktivität von Berufsbildung zu steigern. Als One-Stop-Shop ist GOVET zentraler Ansprechpartner und Anlaufstelle für Partner im In- und Ausland für alle Fragen rund um die iBBZ und vernetzt bei Bedarf mit kompetenten Partnern. Da GOVET im BIBB angesiedelt ist, gibt es eine enge Verzahnung mit der dortigen Fach- und Forschungskompetenz zur (dualen) Berufsbildung und Fachkräftemigration. Außerdem bietet GOVET eine Vielzahl an Unterstützungsmaterialien zum Thema Berufsbildung von Publikationen über Präsentationen bis hin zu Filmen in mehreren Sprachen. Alle Informationen sind zugänglich über die GOVET-Website, die es ebenfalls in mehreren Sprachen gibt.