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Hochrangiges Interesse aus Mosambik an deutschem Berufsbildungssystem

Der mosambikanische Staatssekretär für Berufsbildung besuchte das BIBB gemeinsam mit einer siebenköpfigen Delegation, um das Berufsbildungssystem in Deutschland besser kennenzulernen. Spannende Fachvorträge sowie anregende Diskussionen brachten neue Einblicke und Impulse auf allen Seiten.

Unter der Leitung des Staatssekretärs für Berufsbildung, Agostinho Francisco Langa Júnior, besuchte die mosambikanische Delegation Anfang Mai das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Der Besuch war Teil einer einwöchigen Studienreise, organisiert von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), um den Aufbau und die Spezifika des deutschen Berufsbildungssystems mit Blick auf die duale Ausbildung anschaulich kennenzulernen.

Das seit 1975 unabhängige Mosambik hat eine sehr junge Bevölkerung, dessen 15 bis 24-Jährige ganze 20,6 Prozent aller Einwohner*innen ausmachen. Vor diesem Hintergrund beschrieb Staatssekretär Langa Júnior die Notwendigkeit, die Berufsbildung in Mosambik voranzutreiben. So wurde im November 2020 das neue Staatssekretariat für berufliche Bildung unter Leitung des Ministeriums für Wissenschaft, Technologie, Hochschul- und Berufsbildung (MCTESTP) eingerichtet. Eine der zentralen Herausforderungen seien die verschiedenen und teilweise unklaren Zuständigkeiten einzelner Akteure im mosambikanischen Berufsbildungssystem, berichtete der Staatssekretär.

Berufsbildungsverwaltung in Mosambik

In Mosambik sind verschiedene Ministerien und Institute an der Verwaltung und Entwicklung des Berufsbildungssystems beteiligt. Das MCTESTP und das Ministerium für Arbeit, Beschäftigung und soziale Sicherheit (MITRAB) verwalten das mosambikanische Berufsbildungssystem gemeinsam über das Nationale Institut für Beschäftigung und Berufsbildungseinrichtungen (INEFP). Derzeit kümmert sich das INEFP vor allem um die informelle Berufsbildung im Land. Die formale Berufsausbildung liegt im Aufgabenbereich der Nationalen Direktion für technische Berufsausbildung (DINET) unter Leitung des MCTESTP. Zu den Aufgaben von DINET gehören die Entwicklung politischer Strategien sowie die Gestaltung und Überarbeitung von Materialien und Lehrplänen.

GOVET Leiter Dr. Ralf Hermann führte die Delegation fachlich ein. Nach der Vorstellung der Arbeit von BIBB und GOVET im Kontext der nationalen und internationalen Berufsbildungszusammenarbeit kamen gezielte Beratungsthemen zur Sprache. Den genauen Ablauf der dualen Berufsbildung, die – in vielen Ländern als Besonderheit empfundene – Zusammenarbeit der Akteure und die Entstehung von Ausbildungsordnungen und Lehrplänen erläuterte Peter Rechmann (stellvertretender Leiter GOVET) der Delegation. Besonders interessant fanden die Teilnehmenden dabei, dass junge Menschen in Deutschland die Möglichkeit haben, zwischen den Karrierepfaden zu wechseln. Jugendliche in Mosambik, die sich nach neun Jahren allgemeiner Schulpflicht für eine berufliche Ausbildung entscheiden, haben in der Regel keine Möglichkeit mehr, eine akademische Ausbildung anzuschließen. Auch die starke Einbindung des wirtschaftlichen Privatsektors und der hohe finanzielle Beitrag zur Berufsbildung, den deutsche Unternehmen tragen, beeindruckte die Delegation. Best Practice Beispiele aus der internationalen Vernetzungsarbeit mit deutschen Bildungsanbietern und das Spektrum der Dienstleistungen von iMOVE Training Made in Germany stellte Dr. Andreas Werner (Leiter iMOVE) vor.

Berichterstattung als Steuerungsbasis

Die deutsche duale Berufsbildung basiert auf fünf Kernprinzipien, die den Erfolg des Systems sicherstellen. Dazu gehört auch die institutionalisierte Forschung und Beratung, eine der originären Aufgaben des BIBB. Julia Olesen ist Projektleiterin bei GOVET und zuständig für die internationalen Kooperationen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit Ghana und Costa Rica. Mit den Erfahrungen (nicht nur) aus diesem Beratungshintergrund stellte sie der Delegation den Entstehungsprozess und die Prinzipien der Berufsbildungsberichterstattung vor. Seit 1977 veröffentlicht das BMBF jährlich einen Berufsbildungsbericht, der die Entwicklung in der beruflichen Bildung kontinuierlich dokumentiert. Ziel einer solchen Berichterstattung ist es unter anderem, den Status Quo der Berufsbildungslandschaft zu überwachen, rechtzeitig auf ein mögliches Ungleichgewicht reagieren zu können, eine bessere Datengrundlage für politische Entscheidungsträger*innen sicherzustellen sowie frühzeitig Trends im Berufsbildungssystem zu identifizieren. Rahmenbedingungen und -strukturen sowie Instrumente und Maßnahmen der Berufsbildung lassen sich so auf fundierter Datenbasis entwickeln und steuern.

Im vergangenen Jahr erstellte Ghana in Zusammenarbeit mit GOVET den ersten nationalen Berufsbildungsbericht. Julia Olesen berichtete von dem Prozess sowie von den Erfahrungen aus Ghana. Sie bestätigte: Besonders wichtig sei es, vorab die Zuständigkeiten und Kompetenzen der verschiedenen Akteure im Berufsbildungssystem zu klären. Ghana beschloss 2020 hierfür eine wichtige Berufsbildungsreform.

Auch in Mosambik wird aktuell ein Berufsbildungsgesetz entworfen, das unter anderem eine klare Aufgabenverteilung, aber auch eine stärkere Einbindung des Privatsektors zum Ziel hat. In diesem Vorhaben fühlten sich die Delegationsteilnehmenden nach den Fachvorträgen und dem lebhaften Austausch bestärkt.