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Aus 19 mach eins! – Ein Rückblick auf Ghanas Harmonisierungsprozess in der Berufsbildung

29.09.2023

Seit 2020 hat das ghanaische Berufsbildungssystem tiefgreifende Reformveränderungen erlebt. Die Zuständigkeit für Berufsbildung lag zuvor bei insgesamt 19 Ministerien. Im Zuge der Reform wurde sie Ende 2020 zentral dem Bildungsministerium zugeordnet. Was veränderte sich und was hat sich seitdem getan?

Vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten haben verschiedene Reformen zu einer Standardisierung und Vereinheitlichung des gesetzlichen Rahmens für die Berufsbildung in Ghana beigetragen. Der ghanaische Berufsbildungsrat, der Council for Technical and Vocational Education and Training (COTVET), wurde 2006 durch den COTVET Act (no. 718) mit dem Auftrag gegründet, eine strategische Berufsbildungspolitik zu entwickeln. Im Jahr 2012 wurde COTVET in seinen Kompetenzen weiter gestärkt (durch das Gesetz Nr. 2195).

Ende 2020 wurde eine weitreichende Reform im pre-tertiären und tertiären Bildungsbereich verabschiedet, die auch große Auswirkungen auf die Berufsbildung hatte. Nach einem anderthalbjährigen Abstimmungsprozess gab das Parlament den Weg zu einer Konsolidierung des Berufsbildungssystems frei (Education Regulatory Bodies Act, ERBA) und schuf die Commission for Technical and Vocational Education and Training (CTVET) als zentrale Institution für die Berufsbildung. Die wesentlichen Elemente der Reform für die Berufsbildung umfassen:

  • COTVET wurde von einem Council zu einer Commission (Commission for Technical and Vocational Education and Training / CTVET) ernannt
  • Verdeutlichung des Mandats von CTVET/ MoE als zuständige Stelle für Berufsbildung im Land
  • Zuordnung der NVTI-Institute (National Vocational Training Institutes)  und NAPBTEX (National Board for Professional and Technician Examinations ) unter CTVET
  • Ausweitung der Aufgaben von CTVET (z. B. Berufsbildungsberichterstattung)


Durch den Education Regulatory Bodies Act wurden sowohl der COTVET Act von 2006 als auch der NVTI Act von 1970 ersetzt.

CTVET ist seitdem die zentrale ghanaische Berufsbildungsbehörde, die für die Steuerung, Weiter­entwicklung und Überwachung des Berufsbildungssystems in Ghana zuständig ist; die informelle Berufsausbildung gehört auch dazu. Darunter fällt auch die Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur kontinuierlichen Erweiterung und Verbesserung des Berufsbildungssystems. CTVET ist zusätzlich für die Entwicklung von Standards und Curricula zuständig (schulischer und praktischer Teil). Gleichzeitig organisiert und überwacht CTVET das Prüfungswesen in der Berufsbildung.

Zuvor war neben COTVET und dem Bildungs­ministerium das Ministry of Employment and Labour Relations (MELR) ein wichtiger Akteur im Berufsbildungssystem und verfügte über etwa 100 Ausbildungszentren, 35 davon National Vocational Training Institutes (NVTI). NVTI waren sowohl Anbieter beruflicher Bildung als auch Prüfungs- und Zertifizierungsstelle und im Rahmen von Externenprüfungen zusätzlich für informelle Lehrlingsausbildungen aktiv. Die NVTI gehörten zu den ältesten und von der Wirtschaft anerkanntesten Berufs­bildungseinrichtungen im Land. Den rechtlichen Rahmen für die NVTI bildete der NVTI Act von 1970 (vgl. auch International Labor Organization 2020).

Mit dem Pre-tertiary Education Act (Gesetz Nr. 1049) wurde 2021 im Nachgang zum ERBA der TVET Service gegründet. Zu den Aufgaben gehören die Verwaltung, Beaufsichtigung und Umsetzung der genehmigten nationalen Policies und Programme für die Berufsbildung (pre-tertiary). Der TVET Service steuert alle 238 öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen, die zuvor zum Teil anderen Ministerien unterstellt waren.

Trotz der umfassenden Bildungsreform von Ende 2020 wirkt das Berufsbildungssystem aktuell noch fragmentiert und noch nicht alle berufsbildenden Schulen anderer Ministerien sind unter dem MoE operativ eingegliedert worden. Sie agieren zum Teil noch mit alten Logos, Namen und Ausbildungsprogrammen. Insgesamt ist seit Ende 2020 CTVET für die Governance im Berufsbildungssystem verantwortlich, sah sich in der Vergangenheit jedoch durch die Zersplitterung der Landschaft in diesem Mandat eingeschränkt.
CTVET verfügt über wenige finanzielle Mittel und hat nur knapp über 200 Mitarbeitende. Ähnlichen Herausforderungen steht der TVET Service gegenüber. Obwohl ihm formal alle öffentlichen Berufsbildungseinrichtungen unterstehen, sind noch nicht alle Angebote, Prozesse und Strukturen vereinheitlicht. TVET Service hat etwa 300 Mitarbeitende in der Zentrale und die Regionalstrukturen befinden sich ebenfalls noch im Aufbau.

Es lässt sich also feststellen, dass trotz der Reformen aus den Jahren 2020 und 2021, welche wichtige Impulse zur Vereinheitlichung des Berufsbildungssystems waren, aktuell noch nicht alle Schritte umgesetzt sind: So gibt es weiterhin Institute, die nicht von CTVET akkreditiert sind, eigene Ausbildungsprogramme anbieten und alte Strukturen in Teilen fortführen.

Herauszuheben sind jedoch auch die Bemühungen der beiden neuen Organisationen TVET Service und CTVET, die herausfordernde Situation mit wenigen Ressourcen zu steuern und das System schrittweise zu verbessern.

Sowohl TVET Service als auch CTVET stehen in enger Partnerschaft mit internationalen und deutschen Organisationen. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) führt im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) verschiedene Projekte vor Ort durch, ebenso aktiv sind beispielsweise sequa und Don Bosco. Auch für die Delegation der deutschen Wirtschaft in Ghana (AHK) ist Berufsbildung ein wichtiges Thema. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterhält seit 2019 eine bilaterale Kooperation mit dem ghanaischen Bildungsministerium und GOVET berät CTVET seitdem im Thema Berufsbildungsberichterstattung.