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Perspektiven der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit zur Fachkräfteeinwanderung

19.03.2024

Die Fachkräfteeinwanderung ist als brandaktuelles gesellschaftsrelevantes Thema allgegenwärtig. Welche Herausforderungen und Chancen diese Herkulesaufgabe national wie international mit sich bringt, wurde im Experten-Panel auf der diesjährigen didacta beleuchtet.

Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften in Deutschland und zahlreichen weiteren Industriestaaten steigt stetig. Die Frage nach einer zukünftigen Fachkräftesicherung wird aus unterschiedlichen Perspektiven und durchaus kontrovers diskutiert. Weitgehend unstrittig aber ist: Die internationale Kooperation in der Berufsbildung kann hier einen wichtigen Beitrag leisten. Diesen fair zu gestalten, ohne dass ein „Brain-Drain" erfolgt, ist dabei leitgebend. Im Panel „Internationale Berufsbildungszusammenarbeit als Baustein zur Fachkräftesicherung“ beleuchteten GOVET-Leiter Dr. Ralf Hermann, der Leiter des BMBF-Mobilitätsprogramms „AusbildungWeltweit“ Stefan Metzdorf, BIBB-Experte für „Berufsanerkennung“ Alexander Studthoff und Prof. Dr. Martin Wortmann, Generalsekretär des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft, die Thematik.

Damit knüpfte das Panel inhaltlich an einen der Hauptpunkte der Fachkonferenz zum zehnjährigen Bestehen von GOVET und der Strategie der Bundesregierung zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit (iBBZ) im September 2023 an. Bereits dort zeigte der Fachaustausch unter den Akteuren deutlich, dass die Fachkräftegewinnung derzeit ein Fokus-Thema im Kontext der iBBZ hinsichtlich aktueller Transformationsaufgaben ist. Auch wurde die Rolle der Berufsbildung als „Enabler“ von Transformation und Entwicklung im Rahmen der Konferenz untermauert.

Potenzial und Verantwortung der iBBZ

Vor diesem Hintergrund ist die iBBZ in besonderer Verantwortung und hat das Potenzial, in der bilateralen Kooperation Szenarien zu entwickeln, die eine Fachkräftegewinnung aus dem Ausland im Sinne einer einseitigen Abwerbung (Brain Drain) vermeiden. Treiber hierfür kann für Partnerländer z. B. die eigene Fachkräfteausbildung – auch zur Bekämpfung von hoher Jugendarbeitslosigkeit – sein. Qualifizierte Kräfte gehen dann etwa nur für eine bestimmte Dauer ins Ausland und bringen als Multiplikator*innen Know-How ins eigene Land ein – ein mögliches Szenario von sogenannten Triple- oder Multiple-Win-Ansätzen. Zentrale Fragen dabei sind: Wie können hochwertige Ausbildungsangebote im Herkunftsland kooperativ, mit Nutzen für die Auszubildenden und für die beide Länder gestaltet werden? Welche Rolle spielen internationale Kompetenzen bei der Integration?

Für die Thematik sensibilisierte GOVET-Leiter Dr. Ralf Hermann, nachdem er die Ziele und Leitlinien der internationalen Berufsbildungskooperation umrissen hatte: Neben dem Aspekt der Fachkräfteentwicklung, hat sie auch eine bildungsdiplomatische Dimension und fokussiert auf globale Zukunftsperspektiven von Gesellschaft und Individuen. Transnationale Partnerschaften vor dem Hintergrund einer kohärenten Abstimmung aller beteiligten Akteure können hierfür die Basis bilden.

Rechtliche Rahmenbedingungen der Anerkennung von Berufsqualifikationen

Die legalen Voraussetzungen für eine verbesserte Fachkräftegewinnung über Migration sind mit dem neuen Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung geschaffen – die zweite Stufe des Gesetzes ist zum 1. März in Kraft getreten. Alexander Studthoff ordnete entsprechende Regelungen hinsichtlich der Anerkennungsmöglichkeiten laut Gesetz grob ein und erläuterte das „3-Säulen-Prinzip“, also die Variablen auf denen die Anerkennung laut Gesetz fußt: Fachkräfte, Erfahrung, Potenzial (eigentlich plus „Arbeit“ unter bestimmten Voraussetzungen). Auch oder gerade weil das neue Gesetz nun mehr Möglichkeiten zur legalen Migration bietet, sei der Bedarf an Informationen nun wesentlicher größer geworden, resümierte Alexander Studthoff. Die Aufgabe, die jetzt anstehe, sei, dafür zu sorgen, dass alle wissen, wie es funktioniert.

Kulturelle Dimension

Im Vergleich zur Aneignung von Fachlichkeit an sich bezeichnete Prof. Dr. Martin Wortmann die kulturelle Integration im Arbeits- und Lebensalltag als die herausforderndere Aufgabe bei der Fachkräfteeinwanderung aus der Perspektive des Mittelstands. Er konstatierte, es brauche mehr Bildungsmobilität, um Hürden in der Praxis abzubauen. Genau hier setzt AusbildungWeltweit an: Das Programm stärkt interkulturelle und internationale (Berufs-)Kompetenzen – wie fachliche Qualifizierung, multikulturelle Teamfähigkeit, Spracherwerb, globales Lernen etc. Auszubildende und Ausbildungspersonal bringen wertvolle Impulse von ihren Auslandsaufenthalten mit, aber auch Aspekte der deutschen Arbeitsrealität werden in Betriebe und Arbeitskontexte weltweit getragen. Diese „Brücke“ im Kontext globaler wirtschaftlicher Beziehungen bietet Potenzial für weitere Kooperationen und den Ausbau der beruflichen Mobilität in der Zukunft, von der auch die Fachkräftegewinnung profitieren kann. AusbildungWeltweit-Leiter Stefan Metzdorf betonte den Mehrwert dieses wichtigen Bausteins im Kontext der Fachkräfte-Thematik.

Auch aus dem Publikum kam die Frage nach dem Status Quo hinsichtlich (inter-)kultureller Aspekte in der internationalen Berufsbildungszusammenarbeit. Ralf Hermann bestätigte die herausfordernde Dimension einer globalen interkulturellen Zusammenarbeit. Zahlreiche Akteure in der iBBZ sind im Sinne dieser gigantischen Aufgabe aktiv, fördern duale projektbasierte Ansätze, entwickeln neue (insbesondere digitale) Kollaborationstools, bilden Multiplikatoren aus (Teach-the-Teacher-Modell), gründen Skills Partnerships und vieles mehr – entscheidend bleibt die kohärente faire Zusammenarbeit.