VET Chain – Berufsbildung in der Transformation zur Wasserstoffwirtschaft
23.08.2024
Bei einem Workshop zum neuen Beratungswerkzeug VET Chain diskutierten Expertinnen und Experten im Bundesinstitut für Berufsbildung wie Ausbildung und Weiterbildung im Hinblick auf eine Transformation zur Wasserstoffwirtschaft gestaltet werden müssen.
Der Umbau unserer Wirtschaft hin zu einer Wasserstoffwirtschaft ist ein komplexer und langwieriger Prozess. Bis 2050 klimaneutral zu sein, erfordert nicht nur technologische Innovationen, sondern auch eine tiefgreifende Anpassung der Berufsbildung. Die VET Chain, ein neues Beratungsinstrument zur Nachhaltigkeit in der Berufsbildung, hilft dabei, den Fachkräftebedarf und die Qualifikationsanforderungen entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette zu identifizieren. Beim Workshop im Bundesinstitut für Berufsbildung diskutierten Expert*innen, wie Ausbildung und Weiterbildung gestaltet werden müssen, um die Herausforderungen der Wasserstoffwirtschaft erfolgreich zu meistern und die Selbstwirksamkeit jedes Einzelnen zu fördern.
Eine Wirtschaft, die auf fossile Energieträger setzt, in eine Wasserstoffwirtschaft umzubauen, ist ein jahrzehntelanger Prozess. Das Europäische Klimagesetz sieht vor, bis 2050 klimaneutral zu werden (mehr dazu unter Europäisches Klimagesetz). Dringende Fragen für die Gesellschaft sind nun: Welche Konsequenzen hat Klimaneutralität für mich und mein Umfeld? Wie kann ich diesen Prozess unterstützen: als Auszubildende, als Ausbilderin, als Unternehmen? Hierbei geht es nicht nur um die Belastungen, die diese Umstellung vielleicht mit sich bringt, sondern auch um das gemeinsame Überlegen, was im individuellen Handeln möglich ist. Die eigene Selbstwirksamkeit klar herauszuarbeiten, spielt eine wichtige Schlüsselrolle. Ein möglicher Weg in diesem Prozess ist, den beruflichen, fachlichen Blick für die globalen Zusammenhänge zu schärfen.
VET-Chain Workshop zum Thema Wasserstoff
Mit dem Fokus auf „Nachhaltigkeit in der Aus- und Weiterbildung entlang von Lieferketten“ kann die VET Chain als neues Beratungsinstrument dazu einen kleinen Beitrag leisten. Das herausfordernde Thema Wertschöpfung entlang der Wasserstoffproduktion stand im Fokus des Workshops am 1. August im Bundesinstitut für Berufsbildung. Mit dem VET Chain-Tool haben sich Expertinnen und Experten der belgischen Enabel-Agentur für wirtschaftliche Zusammenarbeit und weiterer europäischen Agenturen aus Brüssel zur Wertschöpfungskette Wasserstoff zu den Qualifikationsbedarfen ausgetauscht.
Zunächst gab es eine Einführung in den Forschungsstand zum Thema von Dr. Alexander Schur aus dem QueBe-Projekt "Arbeitskräftenachfrage und -angebot entlang der Wertschöpfungskette Wasserstoff", einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kooperationsprojekt des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der Gesellschaft für wirtschaftliche Strukturforschung (GWS). Zentrale Frage war hier, wie sich der Aufstieg der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland auf den deutschen Arbeitsmarkt auswirkt. Welche Qualifikationsbedarfe ergeben sich aus der Etablierung einer "Wasserstoff-Wertschöpfungskette“? Kann Deutschland diesen Fachkräftebedarf quantitativ und qualitativ decken? Die Umstellung auf grünen Wasserstoff zur Dekarbonisierung in der deutschen Industrie erfordert erhebliche Investitionen und Anpassungen an die Produktionsprozesse. Wo liegen also die Transformationsanforderungen in den verschiedenen Branchen - sowohl national, als auch international?
Der geopolitische Kontext ist seit Jahren schwierig und es ist an der Zeit, gemeinsam zu überlegen, welche Mechanismen dazu beitragen können, alle Beteiligten in diesem Prozess einzubinden. Im Bereich der Berufsbildung ist das ein nahtloses Zusammenspiel von akademischen und nicht-akademischen Berufswegen. Enabel wurde auf die VET Chain des BIBB aufmerksam - als Instrument, das die Komplexität des Themas H2 ‚auf die Temperatur der Ausbildungsebene herunterkühlen kann‘. Welche Berufsprofile werden benötigt, welche Kompetenzen werden gebraucht, welche politischen Rahmenbedingungen bestehen und mit welchen klimatischen, arbeitsrechtlichen und geographischen Herausforderungen sowie Gefahren sind die einzelnen Akteure vor Ort konfrontiert?
Die haptisch dreidimensional angelegte VET Chain zeigte im Workshop die Hauptstationen des Wasserstoffs: Infrastruktur (Elektrolyseure, Rohrleitungen, Behälter, Schifffahrt etc.), Produktion (Solar, Wind, Geothermie etc.), Transformation (Aufspaltung in Methyl oder Ammoniak), Transport (Schiff, Zwischenspeicher) und Endverbrauch (Stahl, Zement, Glass). In Kleingruppen sollten entlang der Wertschöpfungskette bestehende Berufsprofile mit ihren Kenntnissen und Kompetenzen, aber auch Umwelt- und Menschenrechtsherausforderungen sowie Lösungen identifiziert und beschrieben werden. Ein zentrales Ergebnis war hier die Identifikation neuer Kompetenzen im Umgang mit Gefahrengut, sei es im Labor, im LKW, auf der Baustelle oder am Arbeitsplatz.
Nach der Diskussion ging es im Workshop weiter mit einer Projektbeschreibung und der Erstellung einer Roadmap für die Umsetzung in den jeweiligen Profilen: Werbung für Fachkräfte im Bereich Wasserstoffwirtschaft, Entwürfe zur Steigerung der Attraktivität der Arbeitsplätze, Konzepte zu Mobilität und Community Development und Schaffung von Anreizsystemen für das Engagement von Unternehmen der H2-Wirtschaft. Die VET-Chain hat den Blick auf das schwierige Thema geweitet und für die gesamte Kette der H2-Produktion und den Endverbrauch geschärft.
Die Wasserstoffwirtschaft wird viele Jobs entlang der Wertschöpfungskette schaffen, allerdings werden Geschäftsfelder wie die Raffinerien von Großkonzernen wegbrechen. Modernisierte Stahlwerke sind die Treiber der grünen Wasserstoffwirtschaft. Das Jahr 2050 ist nur eine Generation entfernt.
Die Wasserstoff-Wertschöpfungskette umfasst die Erzeugung des Wasserstoffs, dessen Nutzung als Energieträger und Grundstoff, die Herstellung von und die Investitionen in Wasserstofftechnologien, den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, die Weiterverarbeitung von Wasserstoff zu Wasserstoffderivaten wie Ammoniak oder Methanol und nicht zuletzt auch den Bildungsbereich zur Vermittlung einschlägiger beruflicher Kenntnisse.
- Wasserstoff ist der geeignete Kraftstoff für Gütertransport und Verkehr und damit eine ideale Ergänzung zur E-Mobilität
- In CO2-intensiven Industriezweigen können mit Hilfe von Wasserstofftechnologien CO2-Emissionen nahezu vollständig vermieden werden
- Unter Nutzung von CO2 aus Industrieprozessen lassen sich zusammen mit grünem Wasserstoff werthaltige Produkte herstellen.
- Wasserstoff wird wie Erdgas ein wichtiger Energieträger sein. Mittels Brennstoffzellentechnologie lässt er sich zur effizienten Gewinnung von Strom und Wärme nutzen.