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Informelles Lernen und seine Anerkennung: Ein vergleichender Überblick über Südafrika und Ghana

Beitrag zur Publikation: Informal Learning in Vocational Education and Training

24.09.2024

In Südafrika und Ghana findet Lernen oft außerhalb von Institutionen statt, und Qualifikationen werden nicht anerkannt. Beide Länder möchten dies ändern und informell erworbene Qualifikationen verstärkt anerkennen, um die Beschäftigung zu fördern. Dr. Ralf Hermann und Julia Olesen analysieren die politischen Ansätze.

Bauarbeiter auf einem Gerüst vor einem Gebäude

Ein kürzlich veröffentlichter Artikel von Dr. Ralf Hermann und Julia Olesen von GOVET im Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beleuchtet die politischen Ansätze zur Anerkennung informellen Lernens in Südafrika und Ghana. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf der "Recognition of Prior Learning" (RPL), einem Mechanismus, der informell erworbene Kompetenzen in die formalen Bildungssysteme integrieren soll. Diese Analyse betrachtet, wie Südafrika und Ghana im Rahmen ihrer Berufsbildungspolitik mit informellem Lernen umgehen und welche Herausforderungen und Erfolge die Implementierung von RPL in diesen Ländern begleitet.

Das Autorenteam stellt fest, dass die Anerkennung informellen Lernens eine Schlüsselrolle bei der Förderung von Beschäftigung und wirtschaftlichem Fortschritt spielt. Informelles Lernen, das außerhalb von Schulen und Hochschulen stattfindet, umfasst eine Vielzahl von Fähigkeiten und Kenntnissen, die oft unstrukturiert und unbeabsichtigt erworben werden. Insbesondere in Ländern wie Ghana, wo bis zu 90 Prozent der Arbeitskräfte in der informellen Wirtschaft tätig sind, ist RPL eine potenziell transformative Strategie, um die Qualifikationen dieser Menschen formell anzuerkennen und so den Zugang zu formellen Arbeitsmärkten zu verbessern.

In Südafrika wurde der Ansatz zur Anerkennung non-formal und informell erworbener Kompetenzen, RPL, bereits in den 1990er Jahren im Zuge der Bildungsreformen nach dem Ende der Apartheid implementiert. Die Integration von RPL in das nationale Qualifikationsrahmensystem (NQF) stellt sicher, dass informell erworbene Kompetenzen auf nationaler Ebene anerkannt werden können. Die Autoren betonen, dass diese Bemühungen eng mit der Notwendigkeit verbunden sind, die tiefen sozialen und wirtschaftlichen Ungleichheiten im Land zu überwinden.

Ghana hat kürzlich damit begonnen, RPL-Strategien zu implementieren. Seit 2021 wurden erste Schritte unternommen, um ein nationales Anerkennungssystem zu etablieren. Dabei wird eng mit deutschen Partnern wie der GIZ zusammengearbeitet. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Von den 120 Kandidaten des Pilotprojekts haben 98 Prozent den Prozess erfolgreich abgeschlossen.

Trotz der Fortschritte bleiben Herausforderungen bestehen. Sowohl in Südafrika als auch in Ghana ist die Zahl der Personen, die von RPL profitieren, noch relativ gering im Vergleich zu den Bedürfnissen der Bevölkerung. Zukünftige politische Bemühungen müssen sich daher auf die Erweiterung des Zugangs und die Schaffung nachhaltiger Finanzierungsmöglichkeiten konzentrieren, um das volle Potenzial von RPL auszuschöpfen.

Nach ihrer Präsentation auf der GREAT-Konferenz im September 2022 brachten Dr. Ralf Hermann und Julia Olesen ihren Beitrag „Formal—Informal—In-Between: Policy Approaches to Informal Learning and Recognition of Prior Learning in South Africa and Ghana“ in die Konferenzpublikation ein. Diese wurde im August 2024 von Matthias Pilz unter dem Titel „Informal Learning in Vocational Education and Training“ veröffentlicht.