Welche Schwerpunkte setzt Ihr Ministerium in der internationalen Zusammenarbeit und wie bringen Sie diese in die Gesamtstrategie ein?
Die internationale Berufsbildungspolitik ist eng mit unserer Außenwirtschaftsförderung verbunden. Im Vordergrund stehen die Bewältigung des Fachkräftemangels der deutschen Wirtschaft vor Ort und auch in Deutschland, die Bekämpfung der erschreckend hohen Jugendarbeitslosigkeit in vielen Teilen der EU und die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Situation in vielen Schwellen- und Entwicklungsländern, die den Wert beruflicher Qualifizierung immer häufiger für sich entdecken.
Das Auswärtige Amt arbeitet dabei eng mit den anderen Ressorts zusammen. Wir kümmern uns vor allem um die außenpolitische und rechtliche Flankierung der Akteure aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Wir fördern Berufsbildungsinitiativen in vielen Ländern, „Ausbildungspartnerschaften“, betreiben vor Ort Öffentlichkeitsarbeit und richten zusammen mit den Auslandshandelskammern „Runde Tische“ ein. Es geht dabei immer auch darum, bei den Unternehmen in den Gastländern Überzeugungsarbeit zu leisten, dass Investition in Ausbildung sich lohnt. Ergänzende Berufsbildungszweige an deutschen Auslandsschulen können zudem helfen, das duale System in einem Land zu verankern.
Unsere Botschaften und Generalkonsulate sind oft erster Ansprechpartner, wenn es darum geht, sich über das duale Berufsbildungssystem zu informieren oder Kooperationen anzubahnen. Durch die von der Zentralstelle GOVET bereitgestellte Präsentation ist den Auslandsvertretungen ein gutes Instrument für eine Erstberatung vor Ort an die Hand gegeben worden.
Die Berichterstattung unserer Auslandsvertretungen zum Thema Berufsbildung kann innerhalb des Netzwerks des Runden Tisches von allen genutzt werden. Die Bewertung der Einbettung von Berufsbildung in den bilateralen Beziehungen zu den Gastländern ist wichtig, um vor Ort konkrete Initiativen durchführen zu können. Nur, wenn wir wissen, was das Gastland in diesem Bereich wirklich erreichen will, können wir sicherstellen, dass hier tragfähige Strukturen geschaffen werden. Mit „Projektitis“ und Insellösungen ist niemandem gedient.
Welchen spezifischen Nutzen für Ihr Ressort sehen Sie in der Einrichtung des „Runden Tisches“ im ersten Jahr? Bitte nehme Sie möglichst Bezug auf ein konkretes Beispiel.
Die Berufsbildungspolitik entwickelte sich in den letzten Jahren immer stärker zu einem Querschnittsthema mit starkem Auslandsbezug. Befasst sind verschiedene Ressorts, die gesamte Wirtschaft, Unternehmen, Gewerkschaften, die Bildungswirtschaft, Schulen, politische und soziale Stiftungen und viele andere. Im Ausland müssen diese unterschiedlichen Akteure aus Deutschland möglichst mit einer Stimme sprechen und koordiniert vorgehen. Dazu dient der Runde Tisch.
Das Auswärtige Amt war treibende Kraft bei seiner Einrichtung. Der Runde Tisch hat sich unseren Erachtens hervorragend bewährt. Er gibt uns die Möglichkeit, Projektvorschläge und Anfragen aus dem Ausland konkret allen Akteuren vorzuschlagen und gemeinsam auf ihre Realisierbarkeit zu prüfen. Über GOVET und den Runden Tisch ist es möglich, die Informationen und Anfragen aufzubereiten und entsprechend qualifiziert an die Akteure weiterzuleiten.
Als Beispiel einer ausgesprochen gut gelungenen ressortübergreifenden Abstimmung kann die Kooperation mit Ecuador angeführt werden. Die ecuadorianische Regierung plant eine flächendeckende Einführung des dualen Systems. Sie hat die entsprechenden gesetzlichen Regelungen auf den Weg gebracht und beabsichtigt, 310 Mio. USD für den Bau von 15 neuen Beufsschulen und die Neuaustattung von 25 Bildungszentren in die Hand zu nehmen. Wir unterstützen die Regierung in Quito mit unserer breiten Expertise auf diesem Gebiet.
Welche Maßnahmen sind aus Ihrer Sicht in der nächsten Zeit in Angriff zu nehmen, um die Gesamtstrategie der Bundesregierung auszubauen?
Mit der Einrichtung von GOVET ist ein ganz großer Schritt nach vorne gemacht worden. Die Zentralstelle sollte durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit bei allen wichtigen Akteuren noch bekannter gemacht werden. Und das Personal sollte weiter verstärkt werden, auch durch Entsendungen aus anderen Ressorts und Verbänden der Wirtschaft.
Denkbar wäre eine Betreuung der im Ausland etablierten Runden Tische durch GOVET. Mittelfristig könnten dazu GOVET-Außenvertretungen aufgebaut werden, die vor Ort Regierungen, Behörden, Wirtschaft, Schulen usw. bei ihren Projekten beraten und unterstützen könnten.
Mir ist es ein besonderes Anliegen, auch noch mehr deutsche Auslandsschulen einzubinden. Berufsbildende Zweige an diesen Schulen haben exemplarische Funktion und sind ein gutes ergänzendes Angebot, um unser erfolgreiches System der dualen Berufsbildung überzeugend zu exportieren.