Sechs Wochen intensiv GOVET-Camp für georgische Expertinnen und Experten
05.08.2016
Erstmals nahmen Expertinnen und Experten aus einem Bildungsministerium die Gelegenheit wahr, sich so umfassend innerhalb von sechs Wochen über das deutsche duale Aus- und Weiterbildungssystem zu informieren.
Wie in vielen anderen Ländern leidet der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unter einem gravierenden Mismatch. Investoren finden in Georgien keine Fachkräfte, mindestens 10 Prozent der Uni Abgänger/-innen suchen vergeblich nach adäquater Arbeit und wandern ab. Die Arbeitslosigkeit beträgt rund 12 Prozent.
Intensiv-Workshops zu den fünf Kernelementen der Berufsbildung führten die Kolleginnen und den Kollegen zur Erarbeitung einer Logik der Landesreform für Berufsbildung. Dabei wuchs die Erkenntnis, dass das System zwar komplex, aber in seinen Grundzügen durchaus an die georgischen Verhältnisse anpassbar ist. So wird die Erarbeitung und Vorstellung eines Standards für betriebliches Lehrpersonal und die Einführung einer akademischen Ausbildung für Berufspädagoginnen und Berufspädagogen die erste Stufe einer Qualitätssicherung bilden. Zudem soll noch in diesem Jahr der Entwurf für ein neues Berufsbildungsgesetz vorangetrieben werden.
Die Analyse des deutschen Berufsbildungsgesetz (BBIG) verdeutlichte die Wichtigkeit, in einem Akt die Pflichten und Rechte aller wichtigen Player festzulegen. Klar wurde den TeilnehmerInnen in der Diskussion mit den BIBB-Kolleginnen und Kollegen, dass einige Prozesse parallel vorbereitet und umgesetzt sein müssen, bevor dann im Herbst nächsten Jahres mit einer landesweiten Einführung von vorher definierten dual angelegten Berufen gestartet werden kann.
Des Weiteren soll künftig eine bereits existierende Datenbank von Unternehmen, die Praktika jetzt schon anbieten, anders genutzt werden. Es gilt, den Unternehmen die Vorzüge und die Umsetzbarkeit von ausgedehnten Lernphasen im Unternehmen von zum Teil Minderjährigen zu vermitteln. Hierzu erarbeiten die georgischen Experten ein „Motivationspaket“ für den privaten Sektor. Dazu gehört u.a. die Gründung eines Konsortiums aus verschiedenen Ministerien (Finanzen, Wirtschaft, Handel, Unternehmerorganisationen und auch wenn sie schwach sind die Gewerkschaften unter Leitung des Premierministers).
Darüber hinaus erarbeiten sie die Einführung des Mechanismus „Ausbildungsvertrag“ sowie die Vorstellung einer Kosten-Nutzen-Analyse und z.B. die Ergänzung im Steuerrecht, dass Ausbildungskosten abgesetzt werden können.
Zusätzlich werden Trainingsmodule für MultiplikatorInnen (künftige betriebliche Ausbildungsleitungen, Fachschulleitungen und Verwaltungskräfte) erarbeitet. In dem Berufsbildungsausschuss ähnlichen Gremien sollen Lerninhalte zwischen Betrieben und Schulen gemeinsam aufgeteilt werden.
Fazit nach sechs Wochen: eine Reform ist zwar vielschichtig, wenn sie systemisch alle Bereiche der beruflichen Bildung durchdringen soll, aber mit Engagement der lokalen Stakeholder und kompetenter Begleitung, basiert auf gegenseitigem Vertrauen, machbar.