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Russland führt überregionale Ausbildungsprüfungen ein

Das Land möchte seine Ausbildungsprüfungen überregional und überbetrieblich vergleichbar machen und arbeitet an einem gemeinsamen Prüfungssystem für ausgewählte Regionen. Im Dezember 2016 tauschten sich Vertreter aus 11 russischen Regionen im BIBB mit deutschen Berufsbildungsexperten aus.

Akteure in der Berufsbildung aus russischen Regionen diskutierten im BIBB über einen gemeinsamen regionalen Ansatzes im Prüfungswesen.

Eine fehlende Qualitätssicherung in der beruflichen Erstausbildung ist eine Herausforderung, mit der die russische Berufsbildungspolitik derzeit konfrontiert ist. Ein überregionales Prüfungssystem nach deutschem Vorbild soll dem entgegenwirken. Denn überbetriebliche und überregionale Prüfungsstandards sind ein wesentliches Element im deutschen Berufsbildungssystem. Sie tragen mit dazu bei, dass die Qualität der Qualifikation gesichert ist. Sie ermöglichen den Auszubildenden eine höhere Mobilität und sorgen für Transparenz auf dem Arbeitsmarkt.

Russische Regionen möchten deshalb überregionale Prüfungen nun sukzessive einführen. In der deutsch-russischen Kooperation geht es daher bereits um tiefgreifende Fragen zum Prüfungswesen in der Berufsausbildung: Was beinhaltet eine überregionale Prüfungsordnung? Wie wird ein Prüfungsausschuss organisiert? Wer erstellt die Prüfungsunterlagen und wie bekämpfe ich Korruption?
Um Antworten auf diese Fragen zu finden, kamen Vertreterinnen und Vertreter aus 11 russischen Regionen Mitte Dezember ins Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Mit dabei waren auch zwei Vertreter russischer föderaler Strukturen, die die Einführung intensiv bildungspolitisch begleiten: die Agentur für Strategische Initiativen, die direkt dem Präsidenten unterstellt ist sowie eine Vertreterin der NARK, der Nationalen Agentur für die Entwicklung von Qualifikationen. Letztere gründet in Russland landesweit Zentren der Bewertung von Qualifikationen.

Ziel des Studienaufenthaltes im BIBB war es, sich auf einen Beruf zu einigen, zu dem dann im Jahr 2017 ein gemeinsamer Prüfungsrahmen geschaffen wird. Die russischen Vertreter einigten sich darauf, dass dies im Bereich des Trockenbaus passieren soll. Noch in diesem Jahr sollen Auszubildende im Trockenbau ihre Prüfungen innerhalb des überregionalen Prüfungsrahmens ablegen.

Das einwöchige Seminar bot auch die Gelegenheit für intensiven Austausch. Dabei ging es vor allem um die Frage, was die aktuellen bildungspolitischen Bestrebungen in Russland für die Regionen bedeuten. Das Für und Wider eines gemeinsamen regionalen Ansatzes im Prüfungswesen wurde sehr rege diskutiert. GOVET lieferte zusammen mit dem Fachexperten aus der Ordnungsabteilung des BIBB, Andreas Stöhr und Andreas Bähre, ZPA (Zentralstelle für Prüfungsaufgaben), einen umfassenden Einblick in die Details der deutschen Prüfungsaufgabenerstellung, Prüfungsmechanismen und Ausschüsse. Bei einer Exkursion in das Kompetenzzentrum der Handwerkskammer Koblenz hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Einblicke in die Prüfungsvorbereitung von Auszubildenden im Bereich Sanitär-Heizung zu erhalten. Sie sprachen mit deutschen Auszubildenden, die ihr Studium abgebrochen haben und sich für eine Ausbildung entschieden haben. Erstaunt haben die russischen Vertreter das Selbstbewusstsein und die Überzeugung der jungen Menschen.

Die Delegierten kamen aus den Regionen Jakutien, Chabarovsk, Tjumen, Sverdlovsk, Ulianovsk, Jaroslavl, Tula, Samara, Tambov, Cheljabinsk und Belgorod.

Nach ihrer Rückkehr konnten die russischen Berufsbildungsvertreter ihre Gespräche in einem Webinar der NARK fortsetzen. An dem Webinar war auch GOVET beteiligt.

Seit 2012 besteht die deutsch-russische Berufsbildungskooperation. Gemäß einer Verordnung von Präsident Putin wird das duale System der beruflichen Bildung nach deutschem Vorbild in Russland eingeführt und das Bildungssystem entsprechend reformiert. Mittlerweile wird duale Aus- und Weiterbildung in rund 13 Pilotregionen Russlands umgesetzt und soll 2017 in 20 weiteren Regionen eingeführt werden.