Experiment gelungen: Erste Drei-Länder-Reise mit Russischer Delegation
Während einer Studienreise informierten sich russische Experten über Berufsausbildung in Unternehmen, die international produzieren. Mit Firmen aus Deutschland, Österreich und der Slowakei sprachen sie darüber, wie diese den Herausforderungen beruflicher Bildung in den Produktionsländern begegnen.
Elf russische Berufsbildungsexpertinnen und -experten nahmen Mitte Dezember 2017 an der einwöchigen Studienreise teil. Die Experten kamen aus der Agentur für Strategische Initiativen (ASI), aus dem russischen Arbeitgeberverband (NARK) und aus dem russischen Institut für Bildungsentwicklung (FIRO). Zudem waren Koordinatorinnen aus Kasan, Irkutsk, Tscheljabinsk und der World Skills Russia-Bewegung Teil der Delegation.
Die Studienreise startete in der Slowakei. Dort besuchten die Experten den Verpackungs- und Autozulieferer Branson Ultrasonics und den Sondermaschinenbauer Manz, eine regionale Verwaltung, eine Berufsschule und den Automobilistenverband.
Die Unternehmen Branson Ultrasonics und Manz haben sich mit vier weiteren Maschinenbauern zusammengeschlossen und bilden in einer Verbundausbildung rund 70 junge Menschen aus. Zu dieser Form der Ausbildung gibt es in der Russischen Föderation bisher in Bezug auf mittelständische Unternehmen kaum Erfahrungen.
Die russischen Partner waren zudem an den Themen, Fachkräftesicherung als strategisches Ziel, unabhängige Prüfungen und der Zusammenarbeit mit der Berufsschule interessiert. Das neue Bildungsgesetz hatte die slowakische Regierung im Jahr 2015 verabschiedet und damit die duale Berufsausbildung rechtlich verankert. GOVET berät die Slowakei im Reformprozess und stellte seine Erfahrungen aus dieser bilateralen Zusammenarbeit nun den russischen Partnern vor. Die Zentralstelle konnte somit erstmals vor Ort Erfahrungen aus der bilateralen Zusammenarbeit mit einem Land in ein anderes transferieren.
Am zweiten Aufenthaltsort Wien stellte der österreichische Telekommunikationsanbieter A1 l seine Lehrlingsausbildung vor und verwies dabei insbesondere auf Herausforderungen durch steigende Konkurrenz und neueste Technologien. Der Telekommunikationsanbieter betonte, dass in seinem Unternehmen betriebliche Berufsbildung zu den Schlüsselelementen von erfolgreicher Personalplanung und Fachkräftesicherung gehöre.
Die nächste Station in Österreich war die Berufsschule für „Lebensmittel, Tourismus und Zahntechnik“. Die Direktorin Marion Stradal zeigte am Beispiel der Ausbildung von „Konditoren“, dass Hochtechnologie, Kooperationen mit Universitäten und soziales Engagement auch gelingen können, wenn wöchentlich nur ein Tag für die schulische Bildung vorgesehen ist. So wird beispielsweise im Rahmen von derzeitigen Projekten der Berufsschule erforscht, wie sich unterschiedliche Lichtverhältnisse auf das Wachstum von Salat und Erdbeeren auswirken und wie wirksam Impfungen gegen Milben bei den schuleigenen Bienenstöcken sind.
Die österreichische Wirtschaftskammer (WKÖ) und das Bildungsministerium hatten diesen Teil der Studienreise in Kooperation mit GOVET organisiert und vor Ort die Unterschiede des dualen Ansatzes im Rahmen der anderen beruflichen Bildungsmöglichkeiten Österreichs dargestellt. Hierbei weckten die berufsbildenden höheren Schulen die Aufmerksamkeit der Delegation.
Der letzte Besuchsort war das bayerische Hengersberg. Die Firma webasto convertibles GmbH ist ein Automobilzulieferer und produziert weltweit. Ab nächstem Jahr möchte das Unternehmen in der Slowakei dual ausbilden. So konnte der Ausbildungsleiter Anton Schied von den Herausforderungen berichten, die duale Ausbildung in dem Land einzuführen und eine Schule zu finden, mit der kooperiert werden kann.
In Deutschland kooperiert webasto convertibles GmbH mit der Berufsschule Deggendorf. Ernst Ziegler, Leiter der Berufsschule Deggendorf, zeigte der Delegation wie seine Schule es schafft, technisch mit den Unternehmen mitzuhalten und auch in Bezug auf „Elektromobilität“ die Herausforderungen annimmt. Hier interessierte die Teilnehmenden ebenfalls die Struktur des Schulteams und die Lehrkräfteausbildung.
Innerhalb der Woche zeigten auch die Handelskammern der drei Länder, wie wichtig die Rolle der Koordination ist sowie die Flexibilität der Ausbildungsordnungen und das Vertrauensverhältnis zwischen den regionalen und örtlichen Beteiligten.
Die Studienreise war ein GOVET Projekt. Es ist eingebettet in die strategische Unterstützung der russischen Partner bei der Verbreitung der dualen Ausbildung. Die Reise wurde von allen Seiten als großer Erfolg gewertet und die Inhalte werden 2018 mit „regionalen Runden Tischen zur dualen Ausbildung“ nachgehalten.
In Russland wird seit 2014 das Berufsbildungssystem grundlegend neu gedacht. Ein wichtiger Ansatz ist die verbesserte Aufstellung der dualen beruflichen Erstausbildung. GOVET berät von Beginn an die föderalen und regionalen Stakeholder und begleitet die Einführung der dualen Erstausbildung in den insgesamt 85 Regionen. In den Regionen bringen sich Koordinatoren dafür ein, dass die Lernorte Betrieb und Schule sowie die Ausbildungspläne aufeinander abgestimmt sind. Auch sorgen sie dafür, dass sich Unternehmen, Berufsschulen und Verwaltung miteinbringen.