Italien: Workshopreihe identifiziert Chancen, Hürden und Lösungen für die Umsetzung der dualen Lernmodelle
Duales Lernen steht in Italien seit ein paar Jahren ganz oben auf der bildungspolitischen Agenda. Welchen Herausforderungen die verschiedenen Akteure bei der Umsetzung der dualen Lernarrangements in der Praxis begegnen, war Kernfrage einer von GOVET moderierten und gemeinsam mit den italienischen Partnern organisierten Workshopreihe.
Knapp 200 Akteure aus Bildungseinrichtungen, Unternehmen, Sozialparteien und Ministerien aus zehn italienischen Regionen diskutierten in der Workshopreihe ihre Erfahrungen bei der Umsetzung der neuen dualen Lernmodelle und entwickelten konkrete Lösungsvorschläge für zentrale Herausforderungen.
Die ersten drei Workshops nahmen die Umsetzung des dualen Systems in den beruflichen Erstausbildungsgängen (istruzione e formazione professionale, IeFP) unter die Lupe, die in den Zuständigkeitsbereich der italienischen Regionen fallen. Weitere drei Workshops hatten die dualen Lernmodelle der staatlichen Sekundarschulen mit berufsbildender Ausrichtung (istituti tecnici und istituti professionali) im Fokus, für die das nationale Bildungsministerium verantwortlich ist.
Aber ganz gleich, welche Bildungseinrichtung für die Umsetzung zuständig ist, die Herausforderungen der Praxis sind offenbar sehr ähnlich. Als am herausforderndsten empfinden die Akteure die gemeinsame Planung dualer Lernarrangements von Bildungseinrichtung und Betrieb. Anders als in Deutschland, müssen in Italien nämlich für jede Schülerin und für jeden Schüler individuelle Bildungspläne für jedes einzelne duale Lernarrangement ausgearbeitet werden. Das macht den dafür verantwortlichen schulischen und betrieblichen Tutoren jede Menge Arbeit. Nicht umsonst wird als zweitgrößte Herausforderung die derzeit unzureichende Qualifizierung der schulischen und betrieblichen Tutoren auf ihre Aufgaben genannt. Weitere kritische Hürden sind u.a. mangelnde personelle und finanzielle Ressourcen, bürokratische Zwänge, ein unzureichender Ausbau von Netzwerken und Unterstützungsstrukturen sowie fehlende oder falsche Informationen über die dualen Lernmodelle.
Neben den Herausforderungen gibt es aber auch viele positive Effekte, die mit der Einführung dualer Lernarrangements verbunden werden. Interessanterweise fallen diese vielfach in die gleichen Kategorien wie diejenigen, die als besondere Herausforderungen beschrieben werden. Die gemeinsame Planung dualer Lernarrangements scheint trotz aller Schwierigkeiten für die Akteure und die Sache sehr befruchtend zu sein. Gleiches gilt für die Aspekte Netzwerke, Unterstützungsstrukturen und institutionelle Öffnung, deren Bedeutung offensichtlich gerade durch die Umsetzung dualer Modelle erkannt wird und sich die unterschiedlichen Akteure daher verstärkt dafür einsetzen, diese auszubauen. Als besonders bedeutsam wird der Zuwachs an beruflichen und überfachlichen Kompetenzen bei den jungen Menschen und die positive Veränderung von Verhaltensmustern und Einstellungen bei Schülerinnen und Schülern, aber auch bei aktiv beteiligten Lehrkräften empfunden.
Diese Workshopreihe ist eine Aktivität im Rahmen der bilateralen Berufsbildungskooperation des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit Italien. In dessen Auftrag berät und unterstützt GOVET die italienischen Kooperationspartner bei der Umsetzung ihrer Reformen. Die Stärkung dualen Lernens ist in Italien eng mit dem Kampf gegen die hohe Jugendarbeitslosigkeit und der häufig als unzureichend beschriebenen Passung zwischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt verknüpft.
Die Planung und Umsetzung der Workshopreihe erfolgte durch GOVET, das italienische Unterrichts- und Forschungsministerium (MIUR) sowie die Nationale Agentur für aktive Arbeitsmarktpolitiken (ANPAL und ANPAL Servizi) stellvertretend für das italienische Arbeitsministerium (MLPS).
Als besonders bedeutsam bei der Einführung dualer Modelle wird der Zuwachs an beruflichen und überfachlichen Kompetenzen bei den jungen Menschen und die positive Veränderung von Verhaltensmustern und Einstellungen bei Schülerinnen und Schülern, aber auch bei aktiv beteiligten Lehrkräften empfunden.