Deutsch-Israelischer Austausch 2017: "Klares Commitment zum Thema Inklusion"
Im Juni 2017 informierten sich zwölf deutsche Expertinnen und Experten aus dem Bildungsbereich in Israel zum Thema Berufsbildung für Menschen mit Behinderung. Im Mai 2017 war eine israelische Gruppe zum gleichen Thema in Deutschland zu Gast.
Study Tour für deutsche Expertinnen und Experten nach Israel
An der Study Tour nach Israel nahmen Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, der Bundesagentur für Arbeit, Kammern, Berufsschulen, öffentlichen oder privaten Einrichtungen und Bildungsträgern teil. In Israel erwartete sie ein Fachprogramm aus Vorträgen, Präsentationen, Fachbesuchen und Diskussionen mit Verantwortlichen aus den unterschiedlichsten Institutionen des israelischen Bildungssystems:
- Einen Überblick über das Unterstützungssystem für Menschen mit Behinderungen in Israel bekam die deutsche Gruppe am Myers-JDC-Brookdale Institute in Jerusalem.
- Die deutschen Expertinnen Experten besuchten das "barrierefreiste College Israels", das Gal College in Ra'anama, an dem 90% der Lernenden eine Behinderung haben.
- Am SAPIR Academic College erfuhr die Gruppe, wie benachteiligte junge Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsgruppen - Beduinen und arabische Israelis, Migrantinnen und Migranten aus Äthiopien, Nordafrika und den ehemaligen Sowjetrepubliken - gemeinsam in technischen Berufen ausgebildet werden.
- Im Familienzentrum Shalva in Jerusalem präsentierten die Verantwortlichen, wie dort Menschen mit Behinderungen gefördert werden, ein selbstbestimmtes Leben zu führen und gleichzeitig Familien mit behinderten Kindern unterstützt werden.
- Welche Rolle ehrenamtliches Engagement spielt, erfuhr die deutsche Gruppe bei einem Besuch des Shekel Community Services.
Viele weitere Fachbesuche sowie ein Kulturprogramm, das eine Führung durch Jerusalem und einen Besuch am Toten Meer beinhaltete, ergänzten das Programm.
Ein Highlight war für die Gruppe der Besuch im Rehazentrum Revadim in Tel Aviv, das vom israelischen Ministerium für Arbeit und Soziales finanziert wird. Sabine Hustedt von der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion NRW, erklärt: "Revadim ist ein sogenanntes „One-stop-center“, in dem behinderte Menschen alle Leistungen aus einer Hand erfahren, also sowohl die Beratung als auch die Vermittlung." Inspiration für die Arbeit zu Hause: "So eine Einrichtung wäre auch in Deutschland wünschenswert,“ meint Hustedt.
Gesamtgesellschaftliche Anstrengungen zur Inklusion
Kirsten Vollmer vom Bundesinstitut für Berufsbildung leitete die deutsche Gruppe als Head of Delegation. Besonders beeindruckt hat sie das klare Commitment zur Inklusion in Israel. Vollmer berichtet: "Ich habe in Israel den Eindruck bekommen, dass das Thema Inklusion in kurzer Zeit politisch und gesamtgesellschaftlich verankert wurde, und nun mit ganz viel Engagement umgesetzt wird.“ Überall sei man dem Thema begegnet, zum Beispiel auch in der Knesset, der einige Abgeordnete mit Behinderungen angehören. Die deutsche Gruppe sei zudem überall nicht nur sehr herzlich empfangen worden, sondern es wurde ihr auch viel fachliches Interesse entgegengebracht. Als einen Grund für den hohen Stellenwert des Themas Inklusion identifizierte die Gruppe u.a. den großen Bedarf an Arbeitskräften in Israel. Daher sei es für das Land wichtig, jeden in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Study Tour für israelische Expertinnen und Experten nach Deutschland
Bereits im Mai 2017 war eine Gruppe israelischer Expertinnen und Experten im Rheinland unterwegs, um sich zu informieren, wie Berufsbildung für Menschen mit Behinderung in Deutschland umgesetzt wird. Am Bundesinstitut für Berufsbildung bekamen sie zunächst eine Einführung in das deutsche duale System sowie einen Überblick über die Rahmenbedingungen und Angebote der Berufsbildung für Menschen mit Behinderungen. Danach hatte die israelische Gruppe Gelegenheit, die deutschen Teilnehmenden der Study Tour zu treffen, die sich gerade zu einem Vorbereitungstreffen in Bonn befanden. Die zwei Gruppen tauschten sich aus, wie Inklusion in ihren Ländern im Alltag, in der Schule, im Arbeitsleben und in der Politik umgesetzt wird.
Nach diesem gelungenen Auftakt besuchten die israelische Gruppe in den folgenden Tagen unter anderem die die Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit, den Westdeutschen Handwerkskammertag, den Landschaftsverband Rheinland, das Institut der deutschen Wirtschaft, das Kuratorium der deutschen Wirtschaft für Berufsbildung und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Diese öffentlichen Institutionen informierten, wie Unterstützung für Menschen mit Behinderung in Deutschland auf verschiedenen Ebenen verankert ist.
Einblicke in die Praxis
Auch die praktische Umsetzung von Inklusion in der Berufsbildung konnte die israelische Gruppe erleben:
- Im CJD VCH Tagungs- und Gästehaus Bonn und im CJD Berufsbildungswerk Frechen erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie dort Jugendliche mit besonderem Förderbedarf ausgebildet werden.
- Beim Landschaftsverband Rheinland stand die Ausbildung von jungen Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen im Mittelpunkt.
- In den Alexianer-Werkstätten in Köln lernten sie das Modell von Werkstätten für Menschen mit Behinderungen kennen. Fortbildungsmaßnahmen für die Beschäftigten in Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und die Refinanzierung der Werkstätten waren Themen, die die israelische Gruppe interessierten.
Stadtführungen in Köln und Düsseldorf, ein Ausflug zur Zeche Zollverein in Essen sowie eine Schifffahrt auf dem Rhein rundeten das Programm ab.