Miteinander kochen – voneinander lernen
30.03.2022
Über nationale und kulinarische Grenzen hinweg erweiterten israelische Koch-Azubis und ihre Ausbilderinnen und Ausbilder bei einem Deutschland-Besuch ihre Gastro-Skills. Die Lernreise zwischen Haute Cuisine, Bäckerei und Cateringküche wurde für die Teilnehmenden des vorausgegangenen Wettbewerbs "We – Future Chefs" vom Israel-Programm in der Berufsbildungskooperation des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) organisiert.
Eines der Highlights der Besuchsreise war die exklusive Einladung des israelischen Gewinnerteams von Starköchin und Wettbewerbsjurorin Julia Komp in ihr Kölner Spitzenrestaurant. Beim Berliner „We – Future Chefs-Finale“ hatte sie das Team von der Tel Aviver Berufsfachschule Dan Gourmet eingeladen, ihren Gästen im Kölner „Sahila“ das Siegermenü zu präsentieren. Ein spannendes Experiment in der Küche – für beide Seiten. Zusammen mit ihren eigenen Auszubildenden und dem Sahila-Team unterstützte Julia Komp die sechs israelischen Jugendlichen, die zunächst etwas schüchtern und zurückhaltend an die Zubereitung ihres Drei-Gänge-Menüs gingen. Auch wenn die Nachwuchs-Köch*innen aus Tel Aviv ihr Menü schon oft gekocht und präsentiert hatten, war die Arbeitsatmosphäre in der Küche eines Spitzenrestaurants doch eine ganz andere. Als kleines „Extra“ wurden die angehenden Köchinnen und Köche auch im Service eingesetzt, um den Restaurantgästen ihre Komposition aus „Sashimi von der Dorade“, „Callans-Ente im Nest“ und „Beschwipster Birne“ persönlich an den Tisch zu bringen. Das Restaurant war restlos ausgebucht und die Gäste schienen spät am Abend hochzufrieden mit den Kochkünsten der israelischen Gastköchinnen und -köche.
Parallel hatte der Verband der Köche Deutschlands (VKD e. V.) die Organisation eines Kochworkshops in der Küche der Kölner Jugendherberge in Riehl unterstützt. Teilnehmerinnen und Teilnehmer des deutschen Wettbewerbs im November in Berlin und zehn israelische angehende Köchinnen und Köche bereiteten ein Potpourri aus typisch deutschen Spezialitäten in gemischten Teams zu. Gekocht wurden Klassiker, wie Linsensuppe, Currywurst, Königsberger Klopse, Schokopudding und Milchreis. Bei der Zubereitung kam Stimmung bei den Jugendlichen auf – alle waren hochengagiert bei der Sache und auch sprachliche Barrieren wurden durch die internationale Sprache der Kulinarik überbrückt.
Spannendes Fachprogramm für die angehenden Köchinnen und Köche
Zum handwerklichen Erfahrungsaustausch hatte die Bäckerei Boveleth aus Bedburg die "Nachwuchs-Chefs" in ihre Backstube eingeladen. Die israelischen Auszubildenden im Alter zwischen 16 und 18 Jahren fertigten begeistert unter der fachkundigen Anleitung von Meister und Unternehmer Guido Boveleth klassisch deutsches Roggenbrot, süße und deftige Teilchen, die sie frisch aus dem Ofen auch gleich verspeisen durften. Die Backwerke schmeckten so gut, dass die Rezepturen heiß begehrt waren.
Vor Ort nutzen die Lehrkräfte und der Vertreter des israelischen Wirtschafts- und Industrieministeriums die Gelegenheit, sich zur betrieblichen Ausbildung auszutauschen. In Israel fehlen, ähnlich wie in Deutschland, Nachwuchsfachkräfte im Handwerk.
„Alle lieben unser Brot, aber niemand will Bäcker werden“
Einblick in einen industriellen Zweig rund um den Kochberuf erhielt die Delegation beim Besuch der traditionsreichen Messermanufaktur Franz Güde in Solingen. Dass der eher kleine Betrieb weltweit geschätzte Messer herstellt, beeindruckte die jungen Israelis sichtlich.
Das Unternehmenskonzept der Bonner A&Z-Foodmanufaktur zeigte der Delegation eine weitere Facette der Gastroberufe. Geschäftsführer Michael Haupt stellte seine Cateringfirma vor, die sich an Regionalität und Nachhaltigkeit orientiert. Mit auf dem Programm stand ein Input zu deutschem Anbau von Trüffeln in der Eifel und die Vielfalt und Einsatzmöglichkeiten von neuartigen Kresse-Züchtungen. Anschließend ging es an den praktischen Teil: Selbstgemachte Lammbratwurst, die Zubereitung eines klassischem Bratens und vegetarischen Bratlingen standen auf dem Plan.
Mit der Begegnung mit deutschen angehenden Köchinnen und Köchen im Berufskolleg Köln-Ehrenfeld fand die Delegationsreise ihren Ausklang. Im Rahmen des Austausch über die Kochausbildung in den Partnerländern fand vor allem das koschere Kochen besondere Aufmerksamkeit bei den deutschen Nachwuchs-Chefs.
Hintergrund Kochwettbewerb "We - Future Chefs"
Der deutsch-israelische Kochwettbewerb „We – Future Chefs“ in 2021 war als „Brücken-Aktivität“ im Bereich „Culinary Arts“ lanciert worden, um die gute Zusammenarbeit im deutsch-israelischen Programm in der Berufsbildung auch zu Pandemie-Zeiten weiterzuführen. Unter anderem der israelische Botschafter in Deutschland S.E. Jeremy Issacharoff als auch seine deutsche Amtskollegin Dr. Susanne Wasum-Rainer in Tel Aviv unterstützen und wertschätzen die bilaterale Begegnung und den Austausch zwischen jungen Menschen als wichtigen Bestandteil der Beziehungen zwischen Israel und Deutschland – zumal Essen als Brücke zwischen den Kulturen perfekt funktioniert.
Hintergrund Israel-Programm
Die Bundesrepublik Deutschland und der Staat Israel kooperieren seit 1969 im Rahmen des Deutsch-Israelischen Programms zur Zusammenarbeit in der Berufsbildung („Israel-Programm“). Am 19.06.2011 unterzeichneten Deutschland und Israel ein Regierungsabkommen über die bilaterale Zusammenarbeit in industriegeführter Forschung und Entwicklung und auf dem Gebiet der beruflichen Bildung. Die Aktivitäten im Bereich der beruflichen Bildung zielen ab auf die Entwicklung von Ausbildungsprogrammen und Lehrmaterialien sowie auf systemische Veränderungen hin zu mehr Praxisorientierung, z. B. im Friseurhandwerk, der Bautechnik, der IT und Elektronik sowie im Bereich der „Culinary Arts“. Bilaterale Partner sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung und das israelische Arbeitsministerium (Stand 2024).
Die Branchen, in denen Köchinnen und Köche arbeiten, wie der Hotel- und Gastronomiebereich, sind besonders hart von den Auswirkungen der COVID-19 Pandemie betroffen. Wettbewerbe sind für Nachwuchsköchinnen und -köche allerdings sehr wichtig, um sich einen guten Ruf in den „Culinary Arts“ zu erarbeiten. In Zeiten von Corona konnten sie jedoch nicht in Präsenz stattfinden. Es besteht Hoffnung auf eine allmähliche Rückkehr zur bewährten Praxis.